HygSo-Hygienenews März - April 2024

HygSo-Hygienenews März - April 2024

1. Infektionsrisiko: Falsche Nutzung von Einmalhandschuhen

Auf dem Forum „Hygiene in Berlin“ wies Dr. Irit Nachtigall, Regionalleiterin Infektiologie vom Krankenhauskonzern Helios, darauf hin, dass falsch eingesetztes Tragen von Einmalhandschuhen das Infektionsrisiko erhöhen kann. Ein Setting-bezogener Einsatz sei einem Standard-bezogenen Einsatz vorzuziehen.

Verschiedene Faktoren beeinflussen die Nutzung von Einmalhandschuhen, wie von der Expertin betont wird. Eine subjektive Bewertung seitens des Klinikpersonals könne dazu führen, dass Handschuhe häufiger verwendet werden als notwendig.

Untersuchungen zeigen, dass dies oft zu einer deutlich geringeren Desinfektion der Hände führt, was wiederum die Infektionsgefahr für Personal und Patienten erhöht. Nachtigall hebt hervor, dass Handschuhe ohne zusätzliche Desinfektion Erreger sogar effizienter verbreiten können als bloße Hände. Darüber hinaus bieten Handschuhe keinen vollständigen Schutz vor gefährlichen Erregern, da sie fertigungsbedingte Löcher aufweisen können, durch die Bakterien und Viren leicht hindurchdringen können.

Die Verwendung von Handschuhen mit antibakteriellen Substanzen sei keine wirksame Alternative, da sie nur gegen bestimmte Erreger wirksam sind. Angesichts dieser Erkenntnisse plädiert Nachtigall dafür, den Fokus verstärkt auf gezielte Vorsorgemaßnahmen und Händedesinfektion zu legen, anstatt Einmalhandschuhe universell einzusetzen. Diese Empfehlung beruht nicht nur auf infektiologischen Gründen, sondern auch auf ökologischen, da allein bei Helios jährlich etwa 175 Millionen Handschuhe verbraucht werden.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/149580/Hygiene-Unsachgemaesse-Nutzung-von-Einmalhandschuhen-kontraproduktiv

2. KRINKO: indikationsgerechter Einsatz von Einmalhandschuhen

Im Epidemiologischen Bulletin 10/24 geht die KRINKO gezielt auf typische Schwachstellen bei der Nutzung von Einmalhandschuhen ein.

Oft wird beobachtet, dass die Gründe für den Einsatz von medizinischen Einmalhandschuhen nicht immer klar sind, wenn Empfehlungen umgesetzt werden. Dies führt zu Situationen, in denen Einmalhandschuhe getragen werden, obwohl dies weder zum Schutz des Patienten noch zum Selbstschutz notwendig ist, was als fehlende Indikation betrachtet wird. Dies ist nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus infektionspräventiver Perspektive bedenklich.

Durch übermäßiges und unüberlegtes Tragen von Handschuhen könnten Infektionsrisiken entstehen, da eine angemessene Händehygiene vernachlässigt wird, beispielsweise wenn Handschuhe nicht gewechselt werden und eine ordnungsgemäße Händedesinfektion ausbleibt. Ebenso haben solche fehlenden Indikationen, die zu übermäßigem Handschuhgebrauch führen, direkte negative Auswirkungen auf das Arbeitsklima, die Umwelt und die Mitarbeiter.

Eine sorgfältige Bewertung der Risiken vor Empfehlungen zum Einsatz von medizinischen Einmalhandschuhen ist unerlässlich. Dabei sollten sowohl die Sicherheit von Patienten und Personal als auch ökologische Überlegungen berücksichtigt werden. Selbst bei einer Bestätigung bisheriger Vorgaben sollten zukünftige Entscheidungen auf einem neuen, umfassenden Ansatz basieren. Es ist daher angebracht, die Notwendigkeit des Einsatzes von Einmalhandschuhen bei bestimmten Tätigkeiten neu zu überdenken und entsprechend einer aktualisierten Risikobewertung entweder beizubehalten oder anzupassen. Beispiele hierfür könnten die korrekte Durchführung von Blutentnahmen unter Verwendung von Sicherheitsvorrichtungen, intravenöse Injektionen oder das Anlegen von peripher-venösen Kathetern sein. Dabei ist auch die verbesserte Sensorik ohne Handschuhe als positiver Effekt zu erwähnen.

Ebenso könnte das generelle Tragen von Handschuhen beim Umgang mit Arzneimitteln nach einer Risikobewertung neu bewertet werden. Obwohl die Anforderungen für den Einsatz von Einmalhandschuhen beim Umgang mit potenziell kontaminiertem Abfall bereits umfassend geregelt sind, könnten auch hier einzelne Vorgaben einer erneuten Überprüfung unterzogen werden, wie zum Beispiel das Tragen von Einmalhandschuhen beim Entsorgen von geschlossenen Abfallsäcken.

Weiterführender Link:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2024/Ausgaben/10_24.pdf?__blob=publicationFile

3. Zuschläge für höheren Hygieneaufwand ambulanter Operationen

Zusätzliche Zuschläge für einen erhöhten Hygieneaufwand bei ambulanten Operationen sollen vereinbart werden. Bis zum 1. Januar können Ärzte diese dann geltend machen. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) stehen die Bewertungen kurz vor dem Abschluss.

Der geplante Beschluss sieht vor, zusätzliche finanzielle Mittel in Höhe von 60 Millionen Euro bereitzustellen. Diese sollen die Mehrkosten für gesteigerte Hygienestandards beim ambulanten Operieren decken, wie sie durch das Infektionsschutzgesetz vorgeschrieben sind.

Durch die Einführung von Hygienezuschlägen wird angestrebt, eine Gleichbehandlung der vertragsärztlichen Versorgung im Vergleich zum stationären Bereich zu erreichen, der bereits seit 2013 durch ein Hygienesonderprogramm gefördert wird. Diese Zahlungen sollen auch den Vertragsärzten einen finanziellen Ausgleich für den erhöhten personellen und technischen Aufwand aufgrund verschärfter Hygieneanforderungen beim ambulanten Operieren gewähren.
Die geplanten Neuregelungen sehen vor, dass für fast alle Eingriffe, die im Abschnitt 31.2 (Ambulante Operationen) des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) aufgeführt sind, ein Hygienezuschlag eingeführt wird. Ausnahmen bilden bestimmte Operationen wie Kataraktoperationen sowie Gebührenordnungspositionen ohne Zuordnung zu einem OPS-Kode im Anhang 2 des EBM.

Die Höhe des Hygienezuschlags variiert je nach Art des Eingriffs und richtet sich unter anderem nach dem Sterilisationsaufwand und der Operationsdauer. Insgesamt gibt es 66 verschiedene Zuschläge, deren Betrag zwischen 3,34 Euro und 62,18 Euro liegt. Die KBV betont, dass die Vergütung extrabudgetär und somit für jeden Eingriff erfolgen soll.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/150379/Zuschlagsregelung-fuer-Hygieneaufwand-bei-ambulanten-Operationen-kurz-vor-Abschluss

4. Aktion Saubere Hände: „Der Zugang bist Du“

Intravenöse und andere Zugänge im medizinischen Kontext dienen als „Tür“ in den menschlichen Körper und wieder heraus. Sie sind also ein elementarer Bestandteil der medizinischen alltäglichen Arbeit.

Diese potenzielle Eintrittspforte für Krankheitserreger erhöht das Risiko von Infektionen, was das Leiden der Patientinnen und Patienten verschlimmern und ihren Aufenthalt in Gesundheitseinrichtungen verlängern kann. Eine gründliche Händedesinfektion des medizinischen Personals vor dem Umgang mit Zugängen reduziert das Risiko nosokomialer Infektionen und die Übertragung von multiresistenten Erregern, was wiederum zum Schutz der Patientinnen und Patienten beiträgt. Daher ist es wichtig, das Bewusstsein für diese Thematik zu schärfen.

Derzeit arbeitet die Aktion Saubere Hände an der Erstellung eines Vortrags zum Thema Infektionsprävention im Zusammenhang mit Zugängen, der später für Fortbildungen genutzt werden soll. Um auf alle Unterlagen zugreifen zu können, loggen Sie sich im Mitgliederbereich auf der Website ein.

Weiterführender Link:
https://www.aktion-sauberehaende.de/krankenhauser/fortbildungsmaterialien/du-bist-der-zugang

5. In eigener Sache: unsere Hygieneschulungen und -seminare

Möchten Sie noch dieses Jahr Ihr hygienebeauftragtes Personal ausbilden? Wir bieten verschiedene Schulungen für die Aus- oder Weiterbildung von Hygienemultiplikatoren in unterschiedlichen Positionen im Online-Format an.

Die nächsten Termine der kommenden Kurse:

  • Fachkraft für Hygienesicherung nach DIN 13063 (Link); drei Tage; nächste Kurse am 24.-26.06.2024 sowie am 29.-31.10.2024
  • Fortbildung zur/m Hygienebeauftragten in stationärer und ambulanter Pflege (Link); insgesamt 48 Unterrichtseinheiten; nächster Kurs startet am 29.10.2024
  • Refreshertage für Hygienebeauftragten in stationärer und ambulanter Pflege (Link); zwei Tage; nächster Kurs am 03.-04.09.2024

Hier finden Sie unser gesamtes Seminarangebot: hygso.de/hygieneschulungen

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen eine individuelle Beratung nicht ersetzen können!
Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung erfolgen, werden erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt. Trotz sorgfältiger und gewissenhafter Bearbeitung aller Beiträge übernehmen wir keine Haftung für den Inhalt.

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