Hygiene-News Januar 2016
1. Krankenhausstrukturgesetz in Kraft
Zum 01. Januar 2016 ist das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) in Kraft getreten. Schwerpunkte des Gesetzes bilden ein Pflegezusatz und ein Pflegestellen-Förderprogramm – ein weiterer Punkt soll auch die Krankenhaushygiene verbessern.
Mit bis zu 830 Millionen Euro jährlich soll Krankenhäusern unter die Arme gegriffen werden. Dass ein Großteil dieser Summe in die personelle Ausstattung der Pflege gesteckt wird, dürfte mittelbar auch positive Auswirkungen auf die Infektionsprävention haben. Schließlich gilt der Zusammenhang zwischen Compliance bei der Basishygiene und Personalschlüssel mittlerweile als unbestritten.
Das KHSG sieht allerdings auch eine Verlängerung des Hygieneförderprogramms um drei weitere Jahre (2017 bis 2019) vor. Dies bezieht sich allerdings nur auf die Förderung von Hygienefachkräften und Krankenhaushygienikern. Die Finanzierung gilt nicht länger für hygienebeauftragte Ärzte, stattdessen sollen fortan zur Verhinderung von nosokomialen Infektionen Weiterbildungen im Bereich Infektiologie gefördert werden.
Interessant ist zudem, dass die im Infektionsschutzgesetz vorgesehene Übergangsfrist zur Ausstattung mit Hygienefachpersonal ebenfalls bis zum Jahr 2019 verlängert wurde. Hierzu mehr im Februar-Newsletter.
Weiterführender Link:
http://www.bmg.bund.de/fileadmin/dateien/Downloads/B/Bund_Laender_Krankenhaus/Eckpunkte.pdf
2. Zika: Was wir wirklich wissen sollten
Die Medien berichten beinahe täglich Neuigkeiten über das Zika-Virus, das insbesondere in Brasilien für tausende Fälle von Mikrozephalie verantwortlich gemacht wird. Doch welche Informationen sind für deutsche Krankenhäuser wirklich relevant?
- Als Hauptursache für das zunehmende Auftreten des Zika-Virus, genetisch eng mit dem Dengue-Virus verwandt, sind Insektenstiche durch Aedes aegypti beschrieben.
- Mittlerweile ist allein in Brasilien eine vierstellige Zahl an Mikrozephalie-Fällen (eine Fehlentwicklung des Gehirns) bei Neugeborenen bestätigt.
- Die CDC sowie die Deutsche Tropenmedizinische Gesellschaft und das Auswärtige Amt raten schwangeren Frauen dringend von Reisen in Gebiete mit aktuellen Zika-Ausbrüchen (vor allem Süd- und Mittelamerika) ab.
- In Europa wurden bisher keine autochthonen Fälle bekannt. Für Deutschland sowie Schweiz und Dänemark sind importierte Einzelfälle beschrieben.
- Eine Infektion bei Erwachsenen läuft relativ milde ab und löst Hautausschlag, Kopfschmerzen, gelegentlich auch Bindehautentzündung und Fieber, das nur selten 39 Grad erreicht, und vor allem geschwollene und schmerzende Glieder aus.
- Normalerweise klingen Zika-Virus-Infektionen bei gesunden Menschen innerhalb einer Woche wieder ab. Bis heute ist kaum ein Todesfall durch eine Zika-Infektion zweifelsfrei nachgewiesen worden.
- Inzwischen wird vermutet, dass sich der Erreger auch sexuell übertragen lässt.
Weiterführende Links:
http://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin/gefaehrliche-zika-infektionen-virus-angst-vor-den-olympischen-spielen-13992987.html
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/65472/Zikavirus-CDC-empfiehlt-Tests-fuer-Schwangere
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/65547/Zika-Virus-in-weiteren-Laendern-Europas-diagnostiziert
http://www.rki.de/SharedDocs/Newsletter/Infektionsschutz/2016/160118-NewsletterInfektionsschutz.html?view=renderNewsletterHtml&nn=2444038
3. MCR-1 auch in Deutschland nachgewiesen
Das vor kurzem in China aufgetauchte, übertragbare Resistenzgen mcr-1 ist mittlerweile auch in Nutztieren in Deutschland nachgewiesen worden – und die Colistin-Resistenzen sind offenbar bereits weit verbreitet. Dies geht aus einer Analyse des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) hervor.
Der Reset-Forschungsverbund, der sich mit der Resistenzlage bei gramnegativen Bakterien in Deutschland beschäftigt, hat zuletzt Daten zum mcr-1-Auftreten in Deutschland im Lancet veröffentlicht. Interessant sind dabei vor allem vier E. coli - Isolate, von denen eines bereits im Jahr 2010 sichergestellt worden ist.
Ein zweites Isolat entstammt sogar einer infizierten Wunde eines Patienten, womit ein klinisches Auftreten belegt ist. Neben der Colistin-Resistenz war der E. coli hier zudem gegen Carbapeneme resistent, womit das Therapiespektrum weiter eingeschränkt war.
Seit 2012 zählt die WHO Colistin zu den unverzichtbaren Medikamenten in der Humanmedizin. Mit dem Auftreten des Plasmid-codierten mcr-1 Resistenzgens wird nun eine klinische Ausbreitung der Colistin-Resistenz befürchtet und dass es bald Infektionen geben wird, die kaum noch antibiotisch zu therapieren sind.
Weiterführende Links:
http://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=x&wo=17&typ=1&nid=65321&s=antibiotika
http://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin/resistenzgen-bedroht-das-antibiotikum-colistin-14021597.html
4. Horst-Schmidt-Kliniken Wiesbaden: TV-Bericht zu Hygienemängeln
Mitte Januar haben Reporter in der RTL-Sendung "Team Wallraff - Reporter undercover" in den Wiesbadener Horst-Schmidt-Kliniken (HSK) Hygienemängel und „Hygienemängel“ aufgedeckt. Seitdem hat sich dort einiges bewegt…
Die im Mai 2015 gedrehte Reportage berichtete u.a. über verschmutzte Flure, blutige Arbeitsmaterialien und minderwertige Qualität von Schutzhandschuhen. Das Gesundheitsamt der Stadt Wiesbaden reagierte mit einer höheren Begehungsfrequenz und entdeckte prompt eine MRSA-Häufung auf der Neonatologie-Station. Bis zu neun Kinder waren in erster Linie mit MRSA besiedelt, ohne dass gehäufte Infektionen zu beobachten waren. Die zeitliche Nähe zwischen Hygienemängeln im Fernsehbericht und dem MRSA-Auftreten wurden dabei auch fachlich verwoben.
Nicht zum ersten Mal konnte hier beobachtet werden, dass in der Öffentlichkeit das Auftreten von multiresistenten Krankheitserregern mit der optischen Sauberkeit von infektiologisch irrelevanten Flächen in Verbindung gebracht wird.
Zwischenzeitlich wurden zudem vorsorglich keine weiteren Frühgeborenen aufgenommen. Da die Stadt Wiesbaden Anteilseigner an den HSK ist, baute sich die Situation auch zu einem politischen Thema auf. Als eine erste Konsequenz wurde dann mit Dr. Arne Simon sogar ein KRINKO-Mitglied als externer Hygiene-Gutachter mit der Untersuchung der MRSA-Häufung beauftragt.
Weiterführende Links:
http://hessenschau.de/gesellschaft/hygiene-an-wiesbadener-horst-schmidt-kliniken-wird-ueberprueft,wiesbaden-reagiert-auf-klinikbericht-100.html
http://hessenschau.de/panorama/neun-fruehchen-in-horst-schmidt-kliniken-mit-mrsa-belastet,mrsa-bei-fruehgeborenen-in-hsk-100.html
http://www.faz.net/aktuell/rhein-main/horst-schmidt-kliniken-fruehchen-mit-krankenhauskeim-infiziert-14013101.html
http://www.fr-online.de/rhein-main/horst-schmidt-kliniken-wiesbaden-klinik-beauftragt-hygiene-gutachter,1472796,33559382.html
Interessant an der Berichterstattung in den Medien ist besonders, dass das Gesundheitsamt sich äußerst schnell von den Hygienemängeln distanzierte und offensichtlich auch keine Scheu zeigte, Interna bezüglich Anzahl („7 unangekündigte Begehungen“) und Inhalt der infektiologischen Überwachung öffentlich zu diskutieren ("Der RTL-Bericht überrascht uns nicht").
5. BDC wirbt bei Chirurgen um Stellenwert der Hygiene
Mit Verweis auf die nationalen und internationalen Bemühungen zur Verbesserung der Infektionsprävention, appelliert der Bund deutscher Chirurgen an die schneidende Zunft und animiert zu besserer Hygiene und Antibiotikatherapie.
Interessant am BDC-Beitrag sind zunächst der Verweis darauf, dass der BDC erneut ein Heft mit dem Thema Hygiene und bakterielle Infektionen veröffentlicht hat. Zudem wird ein E-Learning-gestützter Kurs zum Hygienebeauftragten Arzt (HBA) beworben. Witzig ist zudem ein Zitat, mit dem die Relevanz des Kurses betont wird:
„Und wer ART mit Kunst übersetzt, sollte auch lesen, was die Kommission in den letzten zwei Jahren getan hat…“
Weiterführender Link:
http://www.bdc.de/hygiene-im-chirurgischen-alltag-keine-kunst/
6. BDC: Verantwortung und Aufgaben von Hygienebeauftragten Ärzten
Der Bund deutscher Chirurgen greift erneut aktuelle Entwicklungen der Hygiene und Infektionsprävention auf und erläutert in einem umfangreichen Artikel die historisch gewachsenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten von Hygienebeauftragten Ärzten.
Neben den o.g. Aspekten und der Erläuterung des Zertifikaterwerbs „Hygienebeauftragter Arzt“ beinhaltet der Bericht auch haftungsrechtliche Inhalte. Von besonderem Interesse ist allerdings das Fazit, in dem der BDC die Schlüsselrolle von Hygienebeauftragten Ärzten mit einer leichten Mahnung versieht und dabei die Prävention nosokomialer Infektionen als interdisziplinäre Gemeinschaftsaufgabe darstellt.
Weiterführender Link:
http://www.bdc.de/verantwortlichkeit-und-aufgaben-von-hygienebeauftragten-aerzten/
7. Studie weist auf Ursachen für CDI-Komplikationen hin
Durch Antibiotika verursachte nosokomiale Diarrhöen werden zu 15 bis 25 Prozent von Clostridium difficile Infektionen (CDI) ausgelöst. Kanadische Forscher entdeckten nun unabhängige Risikofaktoren, die auf einen komplizierten Verlauf einer Infektion mit Clostridium difficile hindeuten.
In einer multizentrischen prospektiven Kohortenstudie (1380 Erwachsene) haben Chakra und Kollegen die Risikofaktoren für die bekannten Komplikationen einer CDI untersucht. Innerhalb von 24 h nach der Diagnosestellung wurden mögliche Risikofaktoren für CDI-Komplikationen ermittelt.
Als wesentliche Erkenntnisse beschreiben die Autoren, dass CDI-Komplikationen mit höherem Alter, pathologischen Laborwerten und veränderten Vitalzeichen einhergehen. Da diese Faktoren meist schon zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bekannt sind, könnten die neuen Studiendaten für eine rasche Risikoeinschätzung genutzt werden.
Weiterführender Link:
http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/magen-darminfekte/article/902769/c-difficile-infektion-wann-verlauf-kompliziert.html?sh=5&h=573118883
8. Erneut Ebola-Toter in Sierra Leone
Erst im Dezember hatte die WHO mit Sierra Leone, Guinea und Liberia die drei Hauptländer der Epidemie für Ebola-frei erklärt. Wenig später wurde Sierra Leone erneut ein Ebola-Todesfall bekannt.
Die WHO erläuterte hierzu, dass das Virus auch über längere Zeit in Überlebenden infektiös bleiben könne, und die Krankheit daher erneut ausbrechen könne. Das Ärzteblatt hat sich diesbezüglich mit Tropenmedizinerin Sabine Gies vom Missionsärztlichen Institut in Würzburg über weitere Präventionsstrategien unterhalten.
Weiterführender Link:
http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/65418/WHO-und-Hilfswerke-in-Alarmbereitschaft-wegen-neuem-Ebola-Toten
9. Wussten Sie schon, dass …
Asklepios nach und nach Arztkittel aus hygienischen Gründen abschafft?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt bereits seit längerer Zeit kurze Ärmel als Standard der Kleiderordnung in Krankenhäusern. Hintergrund ist insbesondere, dass Kittel aufgrund ihrer Länge die Händedesinfektion beeinträchtigen können. Zudem werden mitunter die notwendigen Wechselfrequenzen der Kittel nicht eingehalten, sodass Krankheitserreger am Stoff haften bleiben.
Künftig sollen in den Asklepios Kliniken also nicht nur das Pflegepersonal, sondern auch Ärzte durchgehend kurzärmlig arbeiten. Möglich, dass die Abschaffung des Arztkittels bei Asklepios einen bundesweiten Trend auslöst – für Hygienefachleute wäre jetzt definitiv der richtige Zeitpunkt, das Thema in höheren Gremien anzusprechen. Die möglichen Vorteile von unbedeckten Unterarmen hat der WDR auch mit der KRINKO-Vorsitzenden Frau Dr. Bärbel Christiansen besprochen.
Weiterführende Links:
http://www1.wdr.de/themen/wissen/mensch/aerztekittel-verboten-100.html
Interview mit Dr. Bärbel Christiansen: http://www1.wdr.de/wissen/mensch/aerztekittel-100.html
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