Hygiene-News August 2017

1. ABS in Kombination mit Händehygiene besonders sinnvoll

Infektiologen unter Leitung der Uniklinik Tübingen haben jüngst die Ergebnisse von 32 Kohortenstudien zu den positiven Effekten von Antibiotic Stewardship Programmen veröffentlicht. Interessant ist dabei vor allem, dass diese besonders dann das Auftreten von Nosokomialkeimen reduzieren, wenn Sie mit der Förderung von basishygienischen Maßnahmen kombiniert werden.

Durch ABS-Interventionen (z.B. infektiologische Audits oder restriktive Antibiotikaverordnungspolitik) konnten vor allem in Kombination mit einer effektiven Händehygiene signifikant niedrigere Resistenzraten sowie Reduktionen von Kolonisationen und Infektionen vieler antibiotikaresistenter Erreger erreicht werden (z.B. MRGN um 50%,
ESBL-Bildner um 48%, MRSA um 37% und C. difficile um 32%).

Die Studienautoren belegen damit erneut, dass ABS- und Hygiene-Initiativen in Krankenhäusern die Weiterverbreitung (multi-)resistenter Bakterien und die daraus resultierenden nosokomialen Infektionen reduzieren können. Interessant ist außerdem der in der Ärztezeitung ergänzte Kommentar, welcher diese Ergebnisse vor dem Hintergrund der DGI-Kritik an der fehlenden bzw. schwierigen Umsetzbarkeit der S3-Leitlinie zum rationalen Antibiotikaeinsatz aufgreift.

Weiterführende Links:
https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/mre/article/940593/antibiotika-cycling-bis-handhygiene-verhindert-resistenzen-besten.html?sh=2&h=1454648222
http://thelancet.com/pdfs/journals/laninf/PIIS1473-3099(17)30325-0.pdf
Kommentar: https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/mre/article/940606/antibiotic-stewardship-programme-zweifach-resistenzen.html?sh=1&h=1454648222

2. IHO-Liste um „begrenzt viruzid plus“ erweitert

Die Informationsplattform der IHO enthält neben einer umfassenden Übersicht viruswirksamer Hände-, Flächen- und Instrumentendesinfektionsmittel nun auch Angaben zum neuen Wirkungsspektrum „begrenzt viruzid plus“.

Die IHO-Liste bietet damit einen Überblick über diese neu ergänzte Stufe zur Beurteilung der Virenwirksamkeit. Im Gegensatz zur VAH-Liste, welche sich zur Wirksamkeit gegenüber Bakterien äußert, ist die Liste der IHO kostenfrei einsehbar.

Weiterführende Links:
www.viruzidie-liste.de
https://www.schuelke.com/de-de/news-media/news/IP/Relaunch-IHO-Viruzidie-Liste.php

3. Neues Gremium zur Prävention postoperativer Wundinfektionen

Das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) ernennt Bernd Gruber, Hygienemanager der Niels-Stensen-Kliniken, zum Vorsitzenden des neuen Bundesgremiums zur Prävention postoperativer Wundinfektionen.

Durch die bundesweite Surveillance postoperativer Wundinfektionen versprechen sich die Experten eine klare Identifikation infektionsrelevanter Faktoren sowie Möglichkeiten zur Ableitung und Etablierung präventiver, infektionshygienischer Maßnahmen.

Weiterführender Link:
http://www.management-krankenhaus.de/news/vermeidbare-wundinfektionen-kuenftig-komplett-verhindern

4. Pilzkeratiden durch unhygienisches Handling weicher Kontaktlinsen

Experten veröffentlichen Studienergebnisse und identifizieren mangelnde Kontaktlinsenhygiene beim Tragen weicher Kontaktlinsen als Hauptauslöser pilzbedingter Hornhautinfektionen.

Die Experten des Nationalen Referenzzentrums für invasive Pilzinfektionen in Jena haben gemeinsam mit der Augenklinik des Uniklinikums Düsseldorf 22 Fälle von pilzassoziierten Hornhautinfektionen untersucht und die Ergebnisse der Voruntersuchungen veröffentlicht. Bei 15 Patienten konnte der Schimmelpilz der Gattung „Fusarium“ als infektionsauslösend identifiziert werden. Prof. Oliver Kurzai von der Universität Würzburg appelliert an alle Augenärzte, möglichst viele Proben von Verdachtsfällen an das Register für Pilzkeratiden zu schicken, da die untersuchten Fälle für eine aussagekräftige Studie noch nicht ausreichen.

Die Infektion kennzeichnet sich durch stark gerötete Augen, starke Schmerzen und ein eingeschränktes Sehvermögen. Sie kann aufgrund einer physiologischen Resistenz der Pilze gegenüber den gängigen Therapieoptionen bis zum Verlust des Auges führen.

Laut den Studienautoren begünstigen die folgenden Faktoren solche Pilzinfektionen:

  • Tragen weicher Kontaktlinsen
  • Zu warmes Lagern der Aufbewahrungsbehälter für Kontaktlinsen
  • Mehrfach oder zu lange verwendete Spülflüssigkeit

Das Tragen harter Kontaktlinsen bietet laut den Studienautoren ein sehr viel niedrigeres Infektionsrisiko, obwohl die exakte Infektionsursache noch nicht bekannt sei.

Weiterführende Links:
https://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/medizinprodukte/article/940840/fusarium-keratitis-weiche-kontaktlinsen-bergen-pilzrisiko-augen.html?sh=1&h=1909450160
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=77534&s=Hygiene

5. Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ASR): Datenbank aktualisiert

In der interaktiven Datenbank „Antibiotika-Resistenz-Surveillance (ARS)“ am RKI stehen nach neuester Aktualisierung die Surveillance Daten von 2008-2016 zur Abfrage zur Verfügung.

Die ASR nutzt Daten, die innerhalb der Routinediagnostik mikrobiologischer Labore erhoben werden, mit dem Ziel Referenzdaten zu Antibiotikaresistenzen aus dem stationären und ambulanten Bereich bereitzustellen.

Laut Aussage der Experten des RKI sind die Ergebnisse der Analysen allerdings kritisch zu bewerten, da sie nur Aussagen zur Resistenzsituation, nicht aber zur Häufigkeit des Auftretens klinischer Infektionen bieten. Im Rahmen der Erhebung wird lediglich der Anteil positiver Isolate in Bezug auf alle eingesendeten Proben berechnet. Da die Anzahl der teilnehmenden Labore und Einrichtungen schwankt, ist somit nicht klar zu definieren, ob eine Schwankung in der Resistenzhäufigkeit nicht in Schwankungen der Stichproben begründet ist.

Weiterführende Links:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=77771&s=multiresistente
https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/mre/article/941081/robert-koch-institut-daten-antibiotikaresistenzen-2016-abrufbar.html?sh=1&h=1454648222

6. STIKO veröffentlicht Impfempfehlung für 2017/2018

Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat im Epidemiologischen Bulletin 34/2017 ihre neuen Impfempfehlungen veröffentlicht.

Die Empfehlung enthält folgende wesentliche Änderungen:

  • Hepatitis A und B: Die Impfindikation wurde hinsichtlich des tatsächlichen Expositionsrisikos angepasst. Somit wird die Impfung nun auch für ehrenamtlich Tätige sowie Auszubildende, Studierende und Praktikanten empfohlen, sofern ein Expositionsrisiko besteht, welches mit dem von beruflich tätigen Personen vergleichbar ist.
  • Influenza: Die Empfehlung, Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren mit einem über die Nase zu verabreichenden Lebendimpfstoff zu impfen, wurde zurückgenommen.
  • Tetanus: Eine Auffrischimpfung bei geringfügigen, sauberen Wunden wird nur noch empfohlen, wenn seit der letzten Impfung mehr als 10 Jahre vergangen sind.
  • Herpes Zoster: Die STIKO empfiehlt keine Standardimpfung mit dem seit 2013 verfügbaren Lebendimpfstoff.

Weiterführende Links:
http://www.rki.de/DE/Content/Service/Presse/Pressemitteilungen/2017/07_2017.html
Download: http://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2017/Ausgaben/34_17.pdf?__blob=publicationFile

7. Wussten Sie schon, dass …

in den meisten Bundesländern die Umsetzungsfrist zur Beschäftigung von Hygienefachpersonal abgelaufen ist?

Durch die KRINKO-Empfehlung „Personelle und organisatorische Voraussetzungen zur Prävention nosokomialer Infektionen“ von 2009 werden u.a. für Krankenhäuser und ambulant operierende Einrichtungen Vorgaben für die Beschäftigung von Hygienefachpersonal definiert. Diese Veröffentlichung wurde 2011 mit der Novellierung des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im §23 (8) rechtsverbindlich. Im IfSG wurde zugleich den durchsetzenden Hygieneverordnungen die Möglichkeit eingeräumt, diese Personal-Anforderungen bis zum 31.12.2016 auszusetzen.

Bis auf Nordrhein-Westfalen und Hessen haben alle Bundesländer seinerzeit eine solche Übergangsfrist in der jeweiligen Länderhygieneverordnung festgelegt. Mittlerweile wurde, auch durch das von der Bundesregierung initiierte Hygieneförderprogramm, die Aus- und Weiterbildung von qualifiziertem Hygienefachpersonal ausgebaut. Dennoch sind gerade bei den Krankenhaushygienikern noch viele Stellen unbesetzt, sodass das IfSG mittlerweile den Bundesländer ermöglicht, die Frist zur Einhaltung der genannten Personalanforderungen bis zum 31.12.2019 zu verlängern.

Hiervon haben allerdings nur sechs Bundesländer gebraucht gemacht: Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland und Schleswig-Holstein. In allen anderen Bundesländern besteht demnach nun eine Pflicht zur Beschäftigung von Hygienefachpersonal.

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