Hygiene-News Januar bis April 2021
1. KRINKO: Neue Empfehlung zur Versorgung Immunsupprimierter
Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut hat im Januar ihre Empfehlung „Anforderungen an die Infektionsprävention bei der Versorgung immunsupprimierter Patienten“ veröffentlicht. Diese ersetzt die Empfehlung „Anforderungen an die Hygiene bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten“ aus dem Jahr 2010.
Die aktualisierte Veröffentlichung richtet sich an alle Berufsgruppen, die an der medizinischen Versorgung immunsupprimierter Patienten direkt oder indirekt beteiligt sind und bietet konkrete Empfehlungen zur Vermeidung nosokomialer Infektionen (NI) in allen Einrichtungen des Gesundheitswesens. Die bereits in der Empfehlung von 2010 getroffene Klassifizierung der drei Risikogruppen der Immunsuppression, anhand derer die erforderlichen infektionspräventiven Maßnahmen abgeleitet werden, bleibt bestehen. Zudem enthält die Empfehlung orientierende Rahmenbedingungen für eine infektionspräventiv ausgerichtete Bauplanung von Stationen und Spezialambulanzen, in denen Patienten mit hochgradiger Immunsuppression behandelt werden.
Die KRINKO differenziert und begründet die erforderlichen Präventionsmaßnahmen in zwei Kapiteln (Prävention und Surveillance) und legt hier einen besonderen Fokus auf die Information und Einbindung von Patienten und deren Angehörigen in die aktive Infektionsprävention.
Weiterführender Link:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Infektionspraevention_immunsupprimierte_Patienten.pdf?__blob=publicationFile
Aufgrund der Komplexität der Empfehlung und der speziellen Patientenpopulation verzichten wir an dieser Stelle auf eine zwangsläufig wertende Zusammenfassung der Inhalte der Empfehlung.
2. Hygiene-Tipp: Bakterielle Resistenzentwicklung
In ihrem im März veröffentlichten Hygienetipp geben die Autoren der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) rund um den Krankenhaushygieniker Prof. W. Popp einen Überblick über die Mechanismen der bakteriellen Resistenzentwicklung gegenüber Antibiotika und Desinfektionsmitteln.
Entgegen der allgemein bekannten Resistenzentwicklung von Bakterien gegenüber Antibiotika und den etablierten modernen Steuerungs- und Kontrollmaßnahmen, wie z.B. Antibiotic Stewardship, ist die bakterielle Resistenzentwicklung gegenüber Desinfektionsmitteln, auch als Toleranz bezeichnet, jedoch häufig unbekannt, obwohl sie bereits seit Jahren bekannt ist und nicht zu unterschätzende praktische Konsequenzen zur Folge hat.
Wiederholt wurden in der Vergangenheit Ausbrüche nosokomialer Infektionen durch Erreger mit erhöhter Resistenz gegenüber Triclosan, Chlorhexidin, Silber sowie QAVs (quartäre Ammoniumverbindungen) beschrieben. Die Experten sehen jedoch keinen Anlass diese hochpotenten Wirkstoffe aus dem klinischen Alltag zu verbannen. Sie plädieren hingegen auf eine verantwortungsvolle Nutzen-Risiko-Abwägung (vor allem dort, wo Antiseptika in niedrigen Konzentrationen (<0,5%) Anwendung finden, wie z.B. in Mundspüllösungen). Zudem sollte vor allem in Risikobereichen von Krankenhäusern der Einsatz von QAVs mit Bedacht erfolgen, da diese gegenüber zahlreichen Stämmen gramnegativer Erreger keine Wirkung mehr zeigen und zudem mit Kreuzresistenzen gegenüber diverser Antibiotika assoziiert sind.
Weiterführender Link:
https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/hygiene-tipp/hygienetipp2021/822
3. Hygiene-Tipp: Berührungslose Verfahren zur Flächendesinfektion
In einem weiteren Hygienetipp geben die DGKH-Autoren einen Überblick über neue berührungslose Desinfektionsverfahren und deren Anwendbarkeit in der Praxis.
In den letzten Jahren wurden zunehmend neue berührungslose Verfahren zur Flächendesinfektion veröffentlicht. Diese Verfahren zeigten im Modellversuch alle eine gute und vielversprechende Wirksamkeit.
Die wesentlichen Verfahren lauten:
- UV-Bestrahlung von Flächen
- Wasserstoffperoxid-Verneblung
- Ozonierung
- Plasma- und Ionisationsverfahren
- Kupfer- und silberhaltige Oberflächen
Die tatsächliche Evidenz dieser neuen Verfahren im praktischen Einsatz sowie deren infektionspräventive Wirkung seien jedoch bisher nicht ausreichend belegt. Zudem sind bei der Anwendung dieser Verfahren zahlreiche Limitationen zu beachten. Alle genannten Verfahren gehen zudem mit einem erhöhten Kostenfaktor einher, da eine vorangehende mechanische Reinigung weiterhin erforderlich sei, um eine Wirksamkeitseinschränkung der genannten Mechanismen durch organische Anschmutzungen zu verhindern.
Weiterführender Link:
https://www.krankenhaushygiene.de/informationen/hygiene-tipp/hygienetipp2021/823
4. RKI: weniger Fälle von Infektionskrankheiten gemeldet
Nach dem ersten pandemiebedingten Lockdown 2020 vermeldet das Robert Koch-Institut (RKI) einen Rückgang der gemeldeten anderen Infektionskrankheiten um gut ein Drittel im Vergleich zu den Vorjahren.
Im Zeitraum von März bis Anfang August 2020 seien laut Sonja Boender vom RKI-Fachgebiet Surveillance rund 35 Prozent weniger Erreger bzw. Infektionskrankheiten gemeldet worden, als aufgrund der Vergleichsdaten der Vorjahre zu erwarten gewesen wäre. Das RKI beschreibt die Gründe für einen Rückgang der Fallzahlen als vielschichtig und erregerspezifisch.
Die der Coronapandemie geschuldeten Maßnahmen (Kontaktreduzierung, Abstandsregel, Händehygiene, …) hätten unmittelbaren Einfluss insbesondere auf die Übertragung von Atemwegs- und Magen-Darm-Erkrankungen gehabt.
Jedoch verzeichnet das RKI ebenso einen Rückgang bei Erkrankungen, die bislang lediglich bei Reiserückkehrern diagnostiziert wurden, wie z.B. Malaria. Eine Erhöhung der gemeldeten Fälle konnte einzig für die Hirnhautentzündung FSME verzeichnet werden.
Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=1041&typ=1&nid=120015&s=hygiene
5. UKL veröffentlicht 4. Antiinfektiva-Leitfaden
Das Universitätsklinikums Leipzig (UKL) hat jüngst die 4. Auflage seines Antiinfektiva-Leitfadens veröffentlicht.
Der bereits seit 2014 verfügbare Leitfaden wurde vollständig überarbeitet und ist seit Januar in seiner überarbeiteten Auflage als Kitteltaschenbuch und App erhältlich. Er bietet schnell und übersichtlich diagnostische Hinweise und Empfehlungen für die Therapie und Prophylaxe bei Infektionen.
Die Print-Version steht zum Download auf der Homepage des UKL zur Verfügung. Die App ist in den jeweiligen Stores der Betriebssysteme (App Store bzw. Google Play) unter dem Stichwort „Antibiotika-Antiinfektiva“ verfügbar. Dabei fallen einmalige Gebühren in Höhe von 3,49 € an.
Weiterführende Links:
https://www.management-krankenhaus.de/news/neuauflage-des-antiinfektiva-leitfadens-erschienen
https://www.uniklinikum-leipzig.de/Seiten/app-antiinfektiva.aspx
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