Hygiene-News April 2018

Hygiene-News April 2018

1. KRINKO-Empfehlung zur SSI-Prävention: wichtigste Änderungen

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut hat die im Jahr 2000 veröffentlichten „Anforderungen der Hygiene bei Operationen und anderen invasiven Eingriffen“ sowie die thematisch verwandten KRINKO-Empfehlungen zusammengefasst und aktualisiert.

Nachfolgend stellen wir Ihnen wichtige Aspekte, Änderungen und Praxisauswirkungen der neuen Empfehlung zur Prävention postoperativer Wundinfektionen vor:

  • Durchgehende Nutzung des englischen Begriffs zur Beschreibung von Postoperativen Wundinfektionen: surgical site infections (SSI)
  • SSI sind mit einem Anteil von rund 24 Prozent die häufigsten nosokomialen Infektionen in deutschen Akutkrankenhäusern. Für das Jahr 2006 ging man laut Kommission in deutschen Krankenhäusern von etwa 255.000 SSI aus.
  • Keine scharfe Trennung mehr zwischen den Bezeichnungen „Operation“ und „Eingriff“: Das statistische SSI-Risiko bedingt künftig u.a. die Anforderungen an die räumliche Ausstattung (z.B. hinsichtlich der Raumlufttechnik) und die prozessbezogenen Maßnahmen (Durchführung der Flächendesinfektion, etc.):

"Entscheidend für das Muster der zu ergreifenden Präventionsmaßnahmen ist das SSI-Risiko der jeweiligen Operationen.“

  • Das hierfür notwendige „Risk Assessment“ sollen Krankenhaushygieniker und chirurgische Fachärzte gemeinsam durchführen.
  • Beispiele: Für Operationen mit geringem SSI-Risiko ist z.B. eine Fensterlüftung möglich; zwischen kleinflächigen Operationen kann ggf. auf eine Fußbodendesinfektion verzichtet werden.
  • Eine präoperative antiseptische Waschung wird nicht allgemein empfohlen; eine individuelle Risikobewertung soll über Notwendigkeit und genaue Umsetzung von Screening und Dekolonisierung entscheiden.
    Für kardiochirurgische und orthopädische Operationen bei Patienten mit nasaler S. aureus - Kolonisation wird eine präoperative Dekolonisation der Nase bzw. diese in Kombination mit einer Körperwaschung empfohlen.
  • Nach Möglichkeit soll die präoperative (alkoholische) Antiseptik mit einem remanenten Wirkstoff kombiniert werden.
  • Bei blutübertragbaren Viruskrankheiten, längerdauernden OPs bzw. solchen mit höherem Perforationsrisiko wird double gloving mit Indikatorhandschuhen empfohlen.
  • Mund-Nasen-Schutz: Ab sofort immer im OP-Saal zu tragen; nicht mehr nur dann, wenn Sterilgut aufgedeckt ist, eine OP läuft bzw. demnächst beginnt.
  • Eine Trennung zwischen septischen und aseptischen OP-Räumlichkeiten kann nicht hygienisch-fachlich begründet werden.
  • Patienten werden in Anlehnung an die „5 Momente“ in die Händehygiene zu spezifischen Zeitpunkten eingebunden.
  • Die Wahrscheinlichkeit einer SSI wird laut den Autoren im Wesentlichen durch drei Faktorengruppen bestimmt: Menge, Art und Pathogenität des Erregers, präexistente infektionsfördernde Umstände beim Patienten und operationstechnische Bedingungen.
  • Noch immer große Verbesserungspotentiale bei der perioperativen Antibiotikaprophylaxe, deren Evidenzgrad nun mit Kat. IA angegeben ist

Weiterführende Links:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=92272&s=Hygiene
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/Empf_postopWI.pdf?__blob=publicationFile

2. KRINKO: Neue Empfehlung zur CABSI-Prävention bei Neonaten

Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut hat eine neue Empfehlung zur Prävention Gefäßkatheterassoziierter Blutstrominfektionen (CABSI) bei Früh- und Neugeborenen veröffentlicht.

Die am 18.04.2018 im Bundesgesundheitsblatt veröffentlichte Empfehlung aktualisiert die „Empfehlung zur Prävention nosokomialer Infektionen bei neonatologischen Intensivpflegepatienten mit einem Geburtsgewicht unter 1500g“ von 2007 hinsichtlich der Aussagen zur Prävention von Gefäßkatheter-assoziierten Infektionen.

Weiterführender Link:
https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/Kommission/Downloads/KRINKO_Empf_Gefaess_FrueNeugeb.pdf?__blob=publicationFile

3. Multiresistente Keime zunehmend auch im ambulanten Bereich

Gemäß den jüngst veröffentlichten Ergebnissen einer Online-Befragung des MRE-Netzes Rhein Main haben mittlerweile etwa drei Viertel der niedergelassenen Ärzte Erfahrung mit multiresistenten Erregern (MRE). Besondere Aufmerksamkeit in Bezug auf MRE soll auf Patienten gelegt werden, die Kontakt zum ausländischen Gesundheitswesen hatten.

Der Berliner Pneumologe Dr. Andrés de Roux kritisiert beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin den starken Anstieg bei der Verordnung von Reserveantibiotika und verwies insbesondere auf Cefuroximaxetil, das seit 10 Jahren den höchsten Anstieg als Einzelsubstanz verzeichne, obwohl es in keiner deutschen Behandlungsleitlinie Mittel der Wahl sei. Generell sei jedoch seit 2008 ein Rückgang der Antibiotikaverordnungen im ambulanten Gesundheitswesen zu verzeichnen.

Weiterführender Link:
https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/mre/article/960981/antibiotikaeinsatz-multiresistente-erreger-ambulanz-problem.html?sh=1&h=1937279524

4. Hygiene-Tipp: Grippeimpfung

Im aktuellen Hygienetipp des Berufsverbandes Deutscher Chirurgen äußern sich die Krankenhaushygieniker Popp und Zastrow zum Verlauf der diesjährigen Grippesaison. Trotz der möglicherweise eingeschränkten Wirksamkeit des Impfstoffs und der möglichen immunologischen Grenzen plädieren die Autoren für eine Steigerung der Bereitschaft zur Grippeschutzimpfung bei medizinischem Personal.

Die Autoren weisen außerdem ergänzend darauf hin, dass auch eine durchgeführte Grippeimpfung mit ausgebildeter Immunität nicht verhindern kann, dass Grippeviren durch exponierte Mitarbeiter übertragen werden können. Zur Prävention einer nosokomialen Übertragung empfehlen sie Personal mit engem Kontakt zu einem gesicherten Grippekranken das Tragen eines Mund-Nasen-Schutz für mindestens zwei Tage, wenn während der Inkubationszeit ein ungeschützter Kontakt bestand.

Aufgrund der weniger zutreffenden WHO-Prognose und daraus resultierenden mangelnden Wirksamkeit des zusammengesetzten Impfstoffs kam es in der diesjährigen Grippesaison zu vielen schweren und letalen Verläufen. Als Konsequenz hieraus hat der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) die Schutzimpfungsrichtlinie angepasst, sodass künftig gemäß der STIKO-Empfehlung eine Impfung mit einem Vierfachimpfstoff zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen möglich ist.

Weiterführende Links:
https://www.bdc.de/hygiene-tipp-grippeimpfung-ja-aber-ohne-falsche-versprechungen/?parent_cat=
https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/infektionskrankheiten/influenza_grippe/article/961112/gba-beschluss-vierfach-impfstoff-grippe.html?sh=1&h=-1752302394

5. EBM: Laborleistungen zur zielgerichteten Antibiotikaverordnung

Zur Förderung einer präziseren Diagnostik und zielgerichteten Antibiotikaverordnung haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband zur Aufnahme neuer labordiagnostischer Leistungen im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) beschlossen.

Ab dem 1. Juli sind unter anderem die Procalcitonin (PCT)-Bestimmung zur Differenzierung einer viralen oder bakteriellen Atemwegsinfektion sowie die Differenzierung und Resistenzbestimmung von Bakterien und Pilzen abrechnungsfähig.

Der Deutsche Hausärzteverband begrüßt grundsätzlich die Erweiterung der abrechnungsfähigen diagnostischen Maßnahmen, sieht die eingeführten Laborleistungen jedoch als praxisfern und kaum in den Praxisalltag integrierbar. Ulrich Weigeldt, Chef des Deutschen Hausärzteverbandes, kritisiert u.a., dass die kostengünstige und weniger zeitintensive Alternative der quantitativen CRP-Testung nicht in den EBM aufgenommen wurde.

Weiterführende Links:
https://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/aerztliche_verguetung/article/961012/antibiotika-resistenzen-ab-juli-neue-laborleistungen-ebm.html?ticket=ST-86246-MbJng5LLvysmhAdFTVWm-aa29da17-cb4c-4bec-4713-6ab4
https://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/aerztliche_verguetung/article/961138/antibiotikaresistenzen-hausaerzteverband-kritisiert-neue-labor-leistungen.html?sh=2&h=-1279076815

6. Anamnestische Penicillinallergie kritisch hinterfragen

In einer aktuellen gemeinsamen Veröffentlichung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte und des Paul-Ehrlich-Instituts weisen die Autoren auf eine Diskrepanz zwischen einer anamnestischen und einer gesicherten Penicilinallergie hin.

Die durch den Patienten berichtete und dokumentierte Penicillinallergie sei oftmals auf Unverträglichkeitsreaktionen in der Kindheit zurückzuführen, in der Mehrzahl der Fälle könne das Medikament im Erwachsenenalter jedoch problemlos verabreicht werden. Da gemäß aktuellen Studien die Entwicklung von Kreuzallergien zwischen Penicillinen und Betalaktamantibiotika nur bei etwa 2,5 % der Patienten vorliege, empfehlen die Experten hinsichtlich der besseren Wirksamkeit und der Entwicklung der Antibiotikaresistenzen anamnestische

Überempfindlichkeitsreaktionen vor der Behandlung abzuklären, um den Einsatz von resistenzfördernden und nebenwirkungsträchtigeren Breitspektrumantibiotika auf das notwendige Minimum zu beschränken.

Weiterführender Link:
https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=1&nid=92072&s=MRSA

7. Endoprothetik: Keine Antibiotika bei asymptomatischer Bakteriurie

Die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) warnt vor dem unreflektierten Antibiotikaeinsatz bei asymptomatischer Bakteriurie (ASB) vor Gelenkersatzoperationen.

Die Experten der DGI verweisen auf eine aktuelle Metaanalyse, die zu dem Ergebnis kam, dass weder das ASB-Screening noch die darauffolgende Antibiotikatherapie einen Vorteil in Bezug auf das Infektionsrisiko in der Endoprothetik zur Folge hat. Da die Differenzierung zwischen einer behandlungsbedürftigen Harnwegsinfektion und einer asymptomatischen Bakteriurie oftmals nicht eindeutig ist, empfiehlt Prof. Dr. Fätkenkeuer, Präsident der DGI, den Kliniken die eigene Expertise im Bereich des Antibiotic Stewardships auszubauen, um unnötige Antibiotikatherapien zu verhindern.

Weiterführender Link:
https://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/skelett_und_weichteilkrankheiten/article/961150/bakterien-urin-antibiotika-gelenkersatz-op-oft-ueberfluessig.html?sh=3&h=-1449897381

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